Cannabis bei Depressionen

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Geschrieben von Jana Delzer
Aktualisiert am November 17, 2020

In unserer modernen Gesellschaft haben Depressionen inzwischen einen festen Platz unter den Volkskrankheiten eingenommen. Etwa jeder fünfte Deutsche erkrankt einmal in seinem Leben an einer Depression. Doch im Gegensatz zu etwa Herz-Kreislauf-Erkrankungen unterschätzen viele Menschen die Schwere dieser ernsten psychischen Krankheit. Erfahren Sie in diesem Artikel mehr über das Thema und, ob Cannabis bei Depressionen eine Hilfe sein kann. 

Was sind Depressionen?

Depressionen gelten heute als am häufigsten auftretende psychische Erkrankung unserer westlichen Gesellschaft. Sie können sich in vielerlei Facetten und Symptomen zeigen. Deswegen erkennt man sie nicht immer als solche. Das hat auch zur Folge, dass sich nur etwa ein Drittel der Erkrankten professionelle Hilfe sucht. 

Anzeichen einer Depression

Depressionen zeichnen sich beispielsweise durch eine dauerhaft gedrückte Stimmungslage, Antriebslosigkeit, Interessenverlust sowie körperliche Anzeichen, wie etwa Appetitlosigkeit, Schlafstörungen oder Schmerzproblematiken aus. Hier sollte man allerdings festhalten, dass es nicht die eine Depression gibt und jeder Patient seine Erkrankung anders erlebt. 

Gemein hat die Mehrheit der Erkrankten jedoch, dass sie irgendwann Suizidgedanken hegen. Bei etwa 10- 15 % der Patienten führt dies in besonders schweren depressiven Phasen zum Suizid. 

Deswegen ist es umso wichtiger, dass die Erkrankten professionelle Hilfe erfahren, um den Kreislauf zu durchbrechen und ihnen wieder ein lebenswertes Leben zu ermöglichen.

Ursachen von Depressionen

Obwohl Depressionen inzwischen sehr gut erforscht sind, sind die genauen Ursachen noch nicht klar. Es haben sich allerdings zwei Komponenten herauskristallisiert:

Die persönlichen Faktoren 

Hierzu zählen zum Beispiel die familiäre Situation. Es besteht nämlich ein erhöhtes Risiko für Menschen an Depressionen zu erkranken, wenn es bereits betroffene Familienmitglieder gibt. Natürlich gibt es auch weitere Elemente wie etwa die eigenen Lebensumstände, die ebenfalls eine Rolle spielen. Selbstverständlich gibt es auch Menschen, deren Persönlichkeit empfänglicher für diese Erkrankung ist. Weiter können Aspekte wie Erkrankungen wie zum Beispiel eine Schilddrüsenüberfunktion, Krebs oder Multiple Sklerose sowie der Konsum verschiedener Drogen zum Entstehen von Depressionen beitragen. 

Biologische Veränderungen 

Eine weitere Kategorie stellen die biologischen Faktoren dar. Damit ist gemeint, dass zahlreiche körpereigene Prozesse Depressionen auslösen oder begünstigen können. 

So ist inzwischen erwiesen, dass bei Depressionen verschiedene Botenstoffe (auch Neurotransmitter genannt) aus dem Gleichgewicht geraten. Hierbei seien vor allem Serotonin und Noradrenalin genannt. Im menschlichen Körper sind Neurotransmitter allerdings unverzichtbar, weil sie sind an allen Gefühlsregungen beteiligt sind. Dabei aktivieren sich im Gehirn nämlich unglaublich viele verschiedene Nervenzellen, die für ihre Kommunikation die Neurotransmitter benötigen. Gibt es also Probleme bei der Kommunikation, hat das zur Folge, dass sich der Stoffwechsel des Gehirns verändert.

Weiter geht man davon aus das Stresshormon Cortisol eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt. Man geht davon aus, dass der Körper dieses Hormon bei der Erkrankung erhöht ausschüttet. 

Inzwischen ist allerdings widerlegt, dass lediglich eine Ursache der Auslöser für eine Depression ist. Vielmehr führen die verschiedenen Aspekte gemeinsam zum Entstehen der Erkrankung. 

Behandlung von Depressionen

Ist eine Depression diagnostiziert, basiert die Therapie vor allem auf drei verschiedenen Standbeinen. Zum einen ist eine Therapie unerlässlich. Dies kann zum Beispiel eine Verhaltenstherapie sein. Zum anderen verwendet man heute auch weitere therapeutische Elemente, wie etwa Achtsamkeitsübungen oder Bewegungstherapie. Weiter können auch Psychopharmaka zum Einsatz kommen. Welche Elemente man wie miteinander kombiniert, ist von Fall zu Fall unterschiedlich, weswegen man keine generalisierte Aussage dazu treffen kann. 

Psychotherapeutische Behandlungen haben weiter auch das Ziel, den Wachstum neuer Nervenzellen zu stimulieren, um so dazu beizutragen, die Gemütsverfassung zu regulieren. 

Antidepressiva bei Depressionen 

Nicht alle Menschen, die an einer Depression erkrankten, erhalten auch Antidepressiva. Dies ist abhängig von der Ausprägung der Erkrankung sowie der persönlichen Geschichte einer jeden Person. 

Unter der Bezeichnung Antidepressiva versteht man eine Medikamentengruppe, die dafür sorgen, dass sich das Stimmungsbild normalisiert. Dadurch sollen sie auch dazu beitragen, dass sich die körperlichen Symptome, die bei einer Depression nicht selten auftreten, bessern. 

Das können sie erreichen, indem sie den oben angesprochenen Mangel an Serotonin und Noradrenalin normalisieren. Hier verwendet man besonders häufig selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) oder Selektive Serotonin- Noradrenalin -Wiederaufnahmehemmer (SNRI). Sie manipulieren die Neurotransmittersysteme und deswegen sind ihre Wirkung sowie ihre Nebenwirkungen auch davon abhängig, welche Transmitter angesprochen werden. 

Wirkung und Nebenwirkung 

Eine Wirkung kann man erst nach etwa 10 bis 14 Tagen feststellen. Leider ist besonders die Anfangsphase problematisch, da hier viele Patienten erhöhte Suizidgedanken erfahren. Neben weiteren körperlichen Nebenwirkungen, wie etwa Schlafproblemen oder Blutdruckschwankungen, können Antidepressiva zwar nicht körperlich, allerdings psychisch abhängig machen. Das ist vor allem damm ein Problem, wenn man sie absetzen möchte. Man sollte dies auch nicht einfach von einem auf den anderen Tag machen, sondern langsam ausschleichen, weil es sonst zu unangenehmen Nebenwirkungen kommen kann. 

Cannabis bei Depressionen

Cannabis erfährt seit langer Zeit einen Einsatz bei depressiven Krankheitsbildern. Es gibt Nachweise, dass man sich die Pflanze in Indien und Europa schon seit Jahrhunderten bei Depressionen und depressiven Verstimmungen verwendet.   

Bereits im Jahre 1621 erklärte der englische Geistliche Robert Burton, dass Cannabis eine hilfreiche Arznei bei depressiven Zuständen wäre.  Der britische Arzt JR Reynolds analysierte im Jahr 1890 den Konsum von Cannabis in den vergangenen 30 Jahren und stellte fest, dass die Langzeitanwendung von medizinischem Cannabis gegen Depressionen positive Wirkungen zeigte. Trotz der positiven Resultate hat sich die Auffassung verbreitet, dass der Cannabiskonsum das Risiko für psychische Erkrankungen erhöhe.

Medizinisches Cannabis bei Depressionen 

Vielerorts hat in den letzten Jahren eine Legalisierung und Entkriminalisierung von Cannabis stattgefunden. Als Folge gibt es mehr und mehr Menschen, die Cannabis aufgrund seiner medizinischen Wirkung verwenden. Inzwischen ist es auch in Deutschland möglich, sich medizinales Cannabis verschreiben zu lassen. Da Cannabis, wie bereits eingangs erwähnt seit Jahrhunderten zur Behandlung von Depressionen und depressiven Verstimmungen eingesetzt wurde, liegt es natürlich nah, die Pflanze auch heute bei Depressionen einzusetzen. 

Grund dafür ist, dass man Cannabis eine stimmunsregulierende Wirkung nachgesagt. Inzwischen haben einige Forscher sogar die These aufgestellt, dass Cannabinoide eine neue Möglichkeit sein könnten, Antidepressiva zu ersetzen. 

Wir wirkt Cannabis?

Cannabis selbst kann zwar keine Nervenrezeptoren im Hirn aktivieren, allerdings können dies die von der Pflanze produzierten chemischen Stoffe, die man auch unter der Bezeichnung Cannabinoide (z.B. THC, CBD oder CBG) zusammenfasst. Inzwischen hat man mehr als 100 Cannabinoide und Terpene finden können, von denen alle ihr eigenes Wirkungsspektrum aufweisen. 

Entsprechend sollte man eigentlich der Frage nachgehen, welche Verbindungen der Pflanze welche Wirkungen haben. Da sich Cannabissorten in ihrer Zusammensetzung unterscheiden, kann hier keine allgemeingültige Aussage über ihre Wirkung getroffen werden. Des Weiteren reagieren auch Menschen unterschiedlich auf die gleichen Cannabisprodukte, weswegen man auch hier keine Generalisierung machen kann.

Die Forschungslage in Sachen Cannabis bei Depressionen ist leider bisher noch sehr dünn. Allerdings ist inzwischen klarer, wie die beiden Cannabinoide CBD und THC das Stimmungsbild aufhellen können. 

THC und CBD bei Depressionen 

Der Grund, warum Cannabis in unserem Körper überhaupt wirken kann ist unser körpereigenes Endocannabinoidsystem (kurz ECS). Es verfügt über spezielle Neurotransmitter, die an die CBD1 und CB2 Rezeptoren des ECS binden können. Man nennt diese Verbindungen Anandamid und 2-AG und kennt sie auch unter der Bezeichnung Endocannabinoide. Die Phytocannabinoide der Cannabispflanze können genau mit ihnen interagieren, wodurch sie ihre Wirkung entfalten. 

Da Anandamid und 2-AG eine wichtige Rolle in unserem dopaminergenen System spielen, sind sie für die Regulierung unserer Stimmung mitverantwortlich. Beide gehen eine Verbindung mit bestimmten Neuronen auf den CB1-Rezeptoren ein und regen somit die Freisetzung von Dopamin an. 

Es gibt Untersuchungen zum Thema, die man im Journal of Affective Disorders veröffentlichte. Dabei stellte man Fest, dass der Gebrauch von Cannabis die Frequenz von Depressionen, Angst sowie Stress erheblich senken kann.

CBD bei Depressionen

Ebenfalls gibt es eine Studie von der Universidad de Cantabria aus dem Jahr 2016. Die Forscher entdeckten, dass Cannabinoide potenzielle Wirkmechanismen haben, wenn man sie bei depressiven Episoden einsetzt. Insbesondere CBD, das keine psychoaktive Wirkung hat, wird viel Potenzial zugeschrieben. Grund dafür ist, dass es an den 5-HT1A-Rezeptor (Serotonin-Rezeptor) binden. 

Bereits zwei Jahre zuvor hatten Wissenschaftler an der Federal University of Rio de Janeiro über das antidepressive und angstlösende Potenzial von CBD berichtet. Bei den Untersuchungen hat man ebenfalls festgestellt, dass es die Cannabisrezeptoren CB1 und CB2 nicht angesprochen werden. Außerdem konnte man auch hier eine Wechselwirkung zwischen 5-HT1A-Rezeptor und Cannabidiol feststellen. 

Hilft Cannabis bei Depressionen?

Bevor Sie sich dazu entscheiden, ein Cannabisprodukt zu verwenden, sollten Sie dies immer mit ihrem behandelnden Arzt absprechen. 

Trotz relativ dünner Forschungslage hat sich inzwischen herauskristallisiert, dass Cannabis sehr vielversprechend bei der Behandlung von Depressionen ist. 

Sicherlich können wir auch zukünftig auf viele neue Erkenntnisse gespannt sein.